HEIL

Quelle: http://germanenherz.blogspot.co.at/2012/04/das-heil.html

Heil – dieses germanische Wort hat schon den Römern in den Ohren geklungen es hat bis heute seine außerordentliche Bedeutung nicht eingebüßt. Wir kennen und verwenden es hauptsächlich in seinen Abwandlungen und Verbindungen zu anderen Begriffen, wie

  • Heiligtum,
  • Heilige,
  • Heiler,
  • Heilkunde,
  • Heilbehandlung
  • und Heilbotschaft.

Bezeichnenderweise wurde das Gegenteil in unserem allgemein Sprachgebrauch weitaus stärker beibehalten als das eigentliche Hauptwort. Während von einem Heil als solches nur sehr selten die Rede ist, hören und lesen wir des Öfteren von Un-Heil (welches z.B. geschehen ist oder sich verbreitet). Dies mag auf eine gewisse Haltung aber auch auf wirkliche Zustände schließen lassen, es wird ja auch mehr über Krankheiten als über die Gesundheit gesprochen.

Erst der kranke spürt seine Glieder und also die Abwesenheit von Gesundheit. Ähnlich verhält es sich bei der Beziehung zwischen Unheil und Heil.

Fraglos ist das Heil gemeinsam mit seinem doch wiederum recht üblichen Tätigkeitswort heilen im Sinn der Menschen immer als etwas Gutes angesiedelt.

Der Vorgang der Heilung bedeutet Erstarkung der Lebensaufbauenden Geister, bedeutet Umwandlung von Schaden in frische Kräfte.

Heilkraft als Fähigkeit zum Wiederaufbau ist eine wundersame Naturgesetzlichkeit, die uns mit Zuversicht erfüllt.

Wenn etwas heil ist, so ist es ganz, sprich vollständig, in Ordnung und damit auch eins mit sich selbst.

Es lässt sich als Gedankengang fortführen; ein heiles ich, heil ich, heilig. Dieses gilt für alle, die von Krankheit und Entartung verschont sind, oder diese zu überwinden vermögen.

Eins hatte der Heilsbegriff allerdings noch eine weitere, umfangreichere Gewichtung.
Diese nehmen wir heute bestenfalls noch im engeren Bereich des Heilens war, etwa in dem ein Heiler bestimmte Kräfte einsetzt, andere zu helfen.

Echte Heiler, keine Scharlatane und Pfuscher wohlgemerkt, verfügen über die Gabe etwas heilsam zu beeinflussen.

In früherer Zeit wurden darüber hinaus aber auch andere Begabung samt ihrem möglichen Wirkungsgrad als Heil aufgefasst nämlich als Heil des einzelnen Menschen.

Heute würden wir vielleicht vom Glück des Tüchtigen sprechen, doch das enthält nicht den letzten Kern.

In jedem Fall in das Heil nach germanischer Auffassung, in seinen Folgen zwar dem zufälligen Glück verwandt, aber nicht von außen kommend, sondern einem Menschen Schicksalhaft mit in die Wiege gelegt.

Sehr trefflich beschrieb dies der dänische Forscher und Volkskundler Vilhlem Grönbech in seinem berühmten und grundlegenden Werk Kultur und Religion der Germanen, auch in der zusammenfassenden Schrift von germanischer Volksart- und Religion wiedergegeben:

Eines Mannes Ernteheil ist die Kraft, die ihn zu Wachsamkeit, zu rastlosem Wirken antreibt, die seine Arme die Hacke schwingen lässt, dass es eine Art hat, und Schick und Schneid in seine Arbeit legt; es leitet die Hacke, so dass er sie nicht vergebens in einen kargen, unnachgiebigen Boden einhaut, sondern gerade die Poren der Fruchtbarkeit sich öffnen lässt; es schickt das Korn aus der Erde empor, es begleitet die Ernte ins Haus, bleibt bei ihr beim Dreschen und Zermahlen und gibt dem Brot oder dem Brei die Kraft des Nährens, wenn das Essen aufgetragen wird.

So ist es mit dem Ernteheil, dem Jahrheil und so auch mit jedem anderen Heil.

Was hierbei zum Ausdruck kommt , ist die tiefe ungebrochene Überzeugung altgermanischer Wesensart, das das Gelingen einer Unternehmung vor allem vom (Heil des) Menschen selbst und nicht von äußerer Bestimmung abhängt. Hier herrscht ein Urvertrauen, welches nicht dem Schicksal einfach seinen Lauf lässt, sondern es zupackend in die Hand nimmt, um es zu gestalten.

Es ist nicht der Seufzer so Gott will, sondern das tätige Bekenntnis seines Glückes Schmied zu sein.

In dem gleichen Zuge waren auch die germanischen Edlen freilich nicht wie der spätere Adel von Gottes Gnaden eingesetzt, sondern schöpften ihre Stellung aus dem Heil, das sie kraft ihrer besonderen Befähigung hervorbrachten.

Das alte Heil erweißt sich, wie gesagt, recht umfangreich; mit Selbstgewissheit in Verhalten, Auftreten und Handeln, mit der gleichen Sicherheit andere beurteilen zu können, den rechten Entschluss zu fassen, die richtige Entscheidung zu fällen.

So wie es bedeuten konnte, auch einmal abzuwarten und nichts zu tun, so war die rasche Tat der Schlag im rechten Augenblick genauso des Heils wie die Einschätzung und der rechte Rat für das, was in die Zukunft ragt.

Folgerichtig erlangt das Heil im Königsheil seine größte Ausdehnung und zugleich schärfste Spannkraft.

Die Erwartung an einen Volksführer waren hoch gesteckt.

Es bedurfte mehr als ein sieghafter Recke zu sein, also Siegesheil zu besitzen; ein wahrlich auserkorener König musste geradezu als Heilsbringer überzeugen.

Daraus erklärt sich, das eine Missernte dem versagenden Heil des Königs zugeschrieben werden konnte, was dann mitunter nur durch die Opferung seines Lebens zu tilgen war.
Umgekehrt werden in den nordischen und deutschen Sagen Helden und Könige besungen, deren Heil sogar an Unverwundbarkeit heranreichte.

Ihre Widerstandskraft und Wesensmacht überragte selbst die der Ebenbürtigen, und tatsächlich ihr Nachruhm überlebte bis auf den heutigen Tag, denn sonst würden sie ja jetzt keine Erwährung mehr finden.

Wie heißt es bei Vilhelm Grönbech doch:

Heil ist der letzte und tiefste Ausdruck für das Wesen des Menschen und zugleich der umfassendste.

Mann kann nicht weiter gelangen; wie tief man auch in die Menschenseele eindringt, nie wird man hinter das Heil blicken.